Definition und Ursachen
Zugluft, im Kontext der Lüftungstechnik, bezeichnet das Unbehagen, dass durch zu hohe Luftgeschwindigkeiten, hohe Temperaturunterschiede sowie zu turbulente Luftströme entsteht. Ursache ist bei der maschinell unterstützen Lüftungstechnik das Einbringen von Luft mit zu hoher Luftgeschwindgkeit. Auch der unkontrolliert Durchzug von Luft, oft durch Risse, Spalten oder Öffnungen in Gebäuden sind eine Ursache. Es handelt sich somit um eine Form von Luftbewegung, die als unangenehm empfunden wird und aus Temperaturunterschieden, Druckunterschieden und zu hohen und sich stark alternierenden Luftgeschwindigkeiten (vgl. Turbulenzgrad) resultiert.
Turbulenzgrad (Definition & Grenzwerte)
Der Turbulenzgrad gibt die Schwankung der Luftgeschwindigkeit im Verhältnis zum Mittelwert an und wird in Prozent gemessen.
In der DIN EN 12599 sind folgende Grenzwerte angegeben:
- bei einer Schwankung von unter 5 % spricht man von laminarer Strömung.
- Zwischen 5 % und 20 % handelt es sich um eine Strömung mit geringer Turbulenz (turbulenzarm).
- Eine Strömung gilt als turbulent, wenn die Schwankung der Luftgeschwindigkeit um den Mittelwert 20 % oder mehr beträgt.
Zugluft als Grund für Unbehagen und Unwohlsein
Die Zugluft ist ein Problem, da sie zu Unbehagen für die Menschen im Gebäude führen kann und die Effizienz von Heizungs- oder Kühlungssystemen reduziert. In einer idealen Situation sollte die Lüftung gut kontrolliert und gleichmäßig verteilt sein, um eine angenehme und gesunde Umgebung zu gewährleisten.
Verschiedene Ansätze in der Fachwelt
Wie definiert man nun diese Zugerscheinungen? Ab wann ist eine Luftbewegung für den Menschen unangenehm? In der Fachwelt gibt es dazu unterschiedliche Ansätze:
1. Arbeitsstättenrichtlinie
Gemäß der Arbeitsstättenrichtlinie ASR A 3.6 / 6.5 (2) ist bei einer Raumtemperatur von 20°C, einer maximalen Luftgeschwindigkeit von 0,15m/s und einem Turbulenzgrad der Luft von 40% bei leichter Arbeitsweise „üblicherweise keine unzumutbare Zugluft“ zu erwarten.
2. VDI 2082 – „Wahrscheinlichkeit der als Zugluft empfundenen Lufteinführung“
Die Richtlinie VDI 2082 (Raumlufttechnik Verkaufsstätten) 5.3.1.3 gibt dagegen eine Berechnung an, mit der die zulässige Luftgeschwindigkeit im Verkaufsraum für sitzende Tätigkeit auf ein potentielles Zugluftrisiko geprüft werden kann. Das Zugluftrisiko wird über eine Formel mit der Angabe zur lokalen Lufttemperatur, der lokalen Luftgeschwindigkeit sowie dem Turbulenzgrad ermittelt. Das Ergebnis ist ein Prozentwert, der die Wahrscheinlichkeit der als Zugluft empfundenen Lufteinführung angibt.
Bei den oben genannten Werten aus der ASR A 3.6 (20°C, 40% rFH, 0,15m/s) ergibt sich nach der Formel der VDI 2082 ein Zugluftrisiko von 18%. So ein geringer Prozentwert kann durchaus als zumutbares Risiko bezüglich empfundener Zugluft angenommen werden.
Einfluss der Luftgeschwindigkeit
Grundsätzlich hat die Luftgeschwindigkeit einen sehr großen Einfluss auf das Risiko, dass den Personen im Aufenthaltsbereich die Lüftung unangenehm vorkommt. Beispielsweise wäre das Zugluftrisiko bei einer erhöhten Luftgeschwindigkeit von 0,25m/s (statt 0,15m/s) nun 35% groß. Bei 0,5m/s Luftgeschwindigkeit steigt das Risiko von auftretenden „Zugerscheinungen“ auf 90%!
Maximale Luftgeschwindigkeit
Es gibt verschiedene Angaben zur maximal empfohlenen Luftgeschwindigkeit im Aufenthaltsbereich, diese ähnlich sich aber. Falls Formeln zur Berechnung dieser Werte existieren, führen diese zu fast identischen Ergebnissen. Ein guter Mittelwert aus den verschiedenen Angaben sind 0,2m pro Sekunde, die nicht überschritten werden sollten.
Turbulenzgrad als Einflussgröße auf die Zugerscheinungen
Der Turbulenzgrad hat gemäß dieser Berechnung nach VDI 2082 einen wesentlich geringeren Einfluss auf die Behaglichkeit. Bei v=0,15m/s und einer Erhöhung des Turbulenzgrads von 40% auf 60% steigt das Risiko bzgl. Zugluft von 18% auf 22%.
Unterschiede / Fazit
In der Fachliteratur und den verschiedenen Normen und Richtlinien trifft man auf unterschiedliche Angaben zum Thema Zugluft und den Komforteinbußen durch hohe Luftgeschwindigkeiten.
In der VDI-Richtlinie 2052 ist eine Formel zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit von empfundener Zugluft vorhanden, während die Arbeitsstättenrichtlinie nur Maximalwerte für Luftgeschwindigkeit sowie Turbulenzgrad der Luft angibt. In der VDI 2052 (Raumlufttechnik Küchen) wird einerseits auf die Begrenzung der Zuluftvolumenströme auf maximal 90m³/m²*h (Absatz 6.4) sowie empfohlene Luftaustrittsgeschwindgkeiten von kleiner 0,2m/s (ebene Luftdurchlässe) bzw. maximal 0,4m/s (bei zylindrische Luftauslässe) hingewiesen.
In der Praxis ist es unerlässlich, die Planungen durch Messungen und eventuelle Versuchsaufbauten oder Erfahrungen zu ergänzen, um ein angenehmes Raumklima während des Gebäudebetriebs zu gewährleisten. Einflussfaktoren wie die Art der Luftdurchlässe sollten bereits in einem frühen Stadium der Entwurfsplanung oder Konzepterstellung berücksichtigt werden. Beispielsweise kann die Luftgeschwindigkeit im Raum erheblich reduziert werden, indem großflächige Luftdurchlässe wie Textilauslässe verwendet werden.